Königlich Klassisch: Musik von Mozart und Haydn

An diesem Konzertabend ging es im doppelten Sinne königlich zu. Im Zentrum des Programms stand das «Salve Regina » in g-Moll von Joseph Haydn, in dem nicht nur die Gesangsstimmen die «Himmelskönigin» glanzvoll grüssen, sondern auch der Orgel, als Königin der Instrumente, ein besonderer Part zukommt. Es musizierten die Basler Vokalsolisten und das Capricornus Consort unter der Leitung von Sebastian Goll gemeinsam mit Markus Schwenkreis an der historischen Silbermann-Orgel.

Dem «Salve Regina» liegt der Text von einer der vier Marianischen Antiphonen zu Grunde, welche am Ende des kirchlichen Abendgebets als Gruss an die Gottesmutter stehen. Es ist für die lange Zeit ausserhalb der hohen Feste im Kirchenjahr bestimmt und darum wohl die am häufigsten vertonte Marianische Antiphon. Haydn hat den bildreichen Text in seiner experimentierfreudigen Zeit am Hofe der Familie Esterhazy tonmalerisch in Musik gesetzt und der Orgel in diesem Werk einen Solopart zugedacht. Die Orgel entfaltete in einem weiteren Meisterwerk Joseph Haydns, dem Orgelkonzert C-Dur, erneut ihre ganze Pracht.

Umrahmt wurden die beiden Stücke durch Werke des untrennbar mit ihm verbundenen anderen grossen Komponisten der Wiener Klassik – Wolfgang Amadeus Mozart. Mit «Venite populi», der «Litaniae Lauretanae in B», dem «Alma Dei creatoris» sowie dem «Sancta Maria, Mater Dei» erklangen geistliche Werke Mozarts in würdiger Schlichtheit und strahlendem Glanz.

Kein Freud ohn’ Dich

Der franko-flämische Komponist und Sänger Josquin Desprez beherrschte alle kontrapunktischen Techniken der Frührenaissance meisterlich und war schon zu Lebzeiten eine Berühmtheit.

Aus Anlass seines 500. Todestages präsentierten die Domkonzerte ein Programm mit dem auf die Musik der Renaissance spezialisierten Gamben-Consort «The Earle His Viols» sowie Sabine Lutzenberger und Ivo Haun, Gesang.

Josquin gilt als überragender Meister der Vokalpolyphonie. Daneben wurde insbesondere seine Fähigkeit, einen Text «zum Sprechen zu bringen», ihn in prägnanten, meist ganz kurzen Motiven emphatisch-gefühlshaft abzubilden, schon von seinen Zeitgenossen gerühmt. Vor dem Hintergrund der Bewegung des Humanismus trug er mit dieser neuartigen Ausdrucksgestaltung massgeblich zur Überwindung des mittelalterlichen Rationalismus zugunsten einer Vermenschlichung der Musik bei.

Das Programm mit zwei Gesangstimmen und Renaissancegamben in den verbleibenden Stimmen spürte in geistlichen und weltlichen Klageliedern dem Dichter-Ich nach, das über den Verlust eines geliebten Menschen und das Gefühl des Verlassenseins spricht.

«Veni creator»

An Pfingsten 2021 zu Gast an der Silbermann-Orgel war die aus der Normandie stammende und u.a. an der Schola Cantorum Basiliensis ausgebildete Organistin Marie-Odile Vigreux. Sie ist Organistin an der katholischen Kirche Heilig Kreuz in Binningen und in Arlesheim auch als Leiterin des Domchors bekannt.

Ihr Programm zum Pfingstfest eröffnete sie mit der Orgelbearbeitung des Pfingsthymnus’ Veni creator spiritus des französischen Organisten Nicolas de Grigny. Die fünf Teile des Werks mit ihrer auch von J.S. Bach bewunderten Mischung aus eleganten Tanzsätzen und gelehrtem Kontrapunkt brachten die Farben der französisch geprägten Barockorgel aufs Schönste zur Geltung. Eine andere, für den jungen Bach prägende Persönlichkeit war Georg Böhm, dessen Variationen über den Choral «Freu dich sehr, o meine Seele» insbesondere vom Erfindungsreichtum der französischen Verzierungskunst Zeugnis geben.

Henry Purcell, einer der bedeutendsten englischen Komponisten aller Zeiten, hat leider nur wenige Orgelwerke hinterlassen. Die Freiheit und virtuose Beredsamkeit seines Voluntary in d for double organ lässt an einen versierten Orgelimprovisator denken, der Purcell gewiss gewesen ist.

Die Fantasia G-Dur, von J.S. Bach selbst auch Pièce d’orgue genannt, vermittelt mit ihren Tongirlanden und ihrer harmonischen Fülle kongenial die Freude über die Aussendung des Heiligen Geistes.

Aufgrund der beschränkten Besucherzahl fand zusätzlich zum ersten Konzert vom Pfingstsonntag eine Zweitaufführung am Pfingstmontag statt. Beide Konzerte waren ausverkauft.

«… um die Gemüter etwas aufzumuntern»

Mit Jan Katzschke war am 25. Oktober 2020 nicht nur ein ausgewiesener Spezialist für die mitteldeutsche Kirchenmusiktradition Solist des Domkonzerts. Katzschke ist auch ein profunder Kenner der von Gottfried Silbermann erbauten Barockorgeln Sachsens.

Der Onkel des Erbauers der Arlesheimer Orgel, Johann Andreas Silbermann, schuf Instrumente, die bereits zu seinen Lebzeiten berühmt waren. Heute sind noch 31 Instrumente Gottfrieds Silbermanns erhalten und prägen die Orgellandschaft Sachsens. Mit seinem Programm, u.a. mit Werken von Weckmann, Kuhnau, Krieger und J.S. Bach, also mit Musik aus dem Umfeld von Gottfried Silbermann, grüsste Katzschke sozusagen von Silbermann zu Silbermann.

Jan Katzschke studierte Cembalo und Kirchenmusik in Hannover. Anschliessend begann er im sächsischen Freiberg seine freischaffende Konzerttätigkeit. Heute pendelt er zwischen seiner niedersächsischen Heimat und Sachsen und konzertiert international als Organist und Cembalist.

«Fantasien aus dem Kopfe» Orgelkonzert mit Rudolf Lutz

Nachdem die ersten beiden Domkonzerte entfallen mussten, war es uns eine besondere Freude, am 6. September 2020, Rudolf Lutz, den bekannten Organisten, Komponisten und langjährigen Dozenten für historische Improvisation an der Silbermann-Orgel zu begrüssen.

Nach einzelnen Sätzen aus dem «Premier Livre D’Orgue» des renommierten Organisten und Orgelkomponisten Pierre du Mage (1674-1751) führte er, bezugnehmend auf Variationen aus Bachs Choralpartita «Sei gegrüsset, Jesu gütig» BWV 768 einen gegebenen Choral «durch». Das bedeutet, dass er die Bach’schen Variationen improvisierend auf die gegebene Choralmelodie übertrug.

Anschliessend improvisierte Lutz ein Präludium und eine Doppelfuge im Stile Bachs, wobei es dem Publikum freistand, den Affekt des Präludiums sowie die Tonart der Fuge vorzugeben. Einzig die Kombination der beiden Fugenthemen bereitete der Solist vor.

Nach einigen improvisierten Intermezzi über spontan zugerufene Aufgaben zu Themen, Affekten, Volksliedern etc. erklang zum Abschluss die von Rudolf Lutz ergänzte Sonate in d-Moll von Felix Mendelssohn Bartholdy. Das in der Bodleian Library in Oxford aufbewahrte Notenblatt enthält einzig den Choral «O Haupt voll Blut und Wunden», dazu die erste Hälfte einer Variation. Daraus hat Lutz 2007/08 eine dreisätzige Sonate im Stile Mendelssohns entwickelt.