Davidsgesänge. Musik zu Texten aus dem Buch der Psalmen

Das Domkonzert lud die Zuhörenden ein, das auf die Musik des 16. und  frühen 17. Jahrhunderts spezialisierte Männerstimmen-Ensemble «Profeti della Quinta» zu erleben. Das Ensemble wurde in Galiläa (Israel) von Elam Rotem gegründet und ist heute in Basel ansässig.

«Das war Weltklasse! Vielen Dank einmal mehr, dass Sie dieses Ensemble zu uns in den Dom gebracht haben … Ich hoffe, die Musiker haben die Dankbarkeit der Besucher gespürt.»

Im Domkonzert präsentierten die «Profeti», begleitet von einem Instrumentalensemble, Vertonungen von Texten aus dem Buch der Psalmen von Salomone Rossi und Claudio Monteverdi. Beide wirkten zu  Beginn des 17. Jh.s am Hof der Gonzaga  in Mantua. Während  Monteverdis effektvolle Musik auch heute noch geschätzt  wird, sind die Kompositionen Rossis weniger bekannt.

Obwohl Rossi Jude war, war er am Hof sehr angesehen und konnte italienischen Madrigale und Instrumentalmusik veröffentlichen. Daneben erschien unter dem Titel «Hashirim asher lishlomo» («Die Lieder Salomos») auch eine Sammlung von Vokalstücken in hebräischer Sprache, die für den Gebrauch im jüdischen Gottesdienst bestimmt war. Rossis Vorhaben, die traditionelle Musik der Synagoge damit zu revolutionieren, fand aber leider keine Fortsetzung, da wegen des Mantuanischen Erbfolgekriegs und einer Seuche bis 1630 alle Einwohner der jüdischen Gemeinde Mantua verliessen.

Das Konzertprogramm umfasste auch zwei Stücke von Elam Rotem, die im Stil des frühen 17. Jahrhunderts geschrieben sind und biblische Texte in der Originalsprache verwenden. Rotem stellt sich somit bewusst in die verlorene Tradition Salomone Rossis und derjenigen Musik, die aufgrund des Endes der jüdischen Tradition in Mantua nie komponiert wurde.

Membra Jesu nostri

Dietrich Buxtehudes Meisterwerk «Membra Jesu nostri patientis sanctissima» (die heiligsten Glieder unseres leidenden Jesus) entstand 1680. Hierbei handelt es sich um sieben Kantaten in lateinischer Sprache. Sie sind formal alle gleich aufgebaut und jeweils einem bestimmten Körperteil des gekreuzigten Heilands gewidmet: den Füssen, Knien, Händen, der Seite, der Brust, dem Herzen sowie dem Antlitz.

Verse aus dem Alten Testament, kombiniert mit Ausschnitten aus einer mittelalterlichen Andachtsdichtung, bilden die textliche Basis dieses wunderbaren Werks.

Im etwa einstündigen Kantatenzyklus Buxtehudes erlebten die Zuhörenden am 19. März 2023 La Cetras Ensembles unter der Leitung von Federico Sepulveda in allen Facetten ihrer Kunstfertigkeit: solistisch wie in der Gruppe musizierend, schlicht und gleichzeitig kunstvoll, meisterhaft eindrücklich und eingekehrt innig. Und obwohl Buxtehudes Name – vor allem dank seines Schülers Bach – weitum ein Begriff ist, bedeutet es auch heute noch eine besondere Herausforderung, diese grossartige Musik einem breiten Publikum näherzubringen.

Konzertmitschnitt: Membra Jesu nostri
La Cetra Barockorchester und Vokalensemble Basel / Leitung: Carlos Federico Sepúlveda

7.2.2023, SRF2 Im Konzertsaal

Grenzenloser Schwung – schwungvolle Musik

Nach einer dreijährigen, pandemiebedingten Zwangspause darf die Knabenkantorei Basel diesen Herbst endlich wieder zu einer ihrer traditionellen Auslandstourneen starten, diesmal nach Österreich, Slowenien und Italien.

Als Gast der Domkonzerte präsentierte die Knabenkantorei Basel unter der Leitung von Oliver Rudin am 19. Oktober 2022 ihr Tourneeprogramm am Vorabend der Abreise dem heimischen Publikum.

«Z’Basel am mym Rhy» und «Credulo» (Operine in drei Akten, Uraufführung, Julian Schmidlin, 19.10.2022)

Die Werke des abwechslungsreichen Programms reichten vom Gregorianischen Choral über Werke der Romantik bis hin zu Volksliedern, afrikanischen Gesängen und Musicalhits, vom Solisten-Terzett «Hebe deine Augen auf» über Werke für Knaben- und Männerchor bis zum vollen Chorklang und vom traditionellen Chorauftritt über die Kurzoper «Credulo» von Julian Schmidlin (Auftragswerk der Knabenkantorei) bis zu Stücken mit Choreographie, bei denen der musikalische Schwung der Knabenkantorei besonders augenfällig wird.

Das Werk des jungen Basler Kontratenors und Komponisten Julian Schmidlin stellt im Übrigen keine Ausnahme dar: Da sich die Knabenkantorei im Ausland auch als Kulturbotschafterin der Schweiz versteht, umfasst das Programm etliche Werke verstorbener und lebender Schweizer Komponistinnen und Komponisten.

Knabenkantorei Basel

Mondenglanz

Im zweiten Domkonzert der Saison 2022 präsentierten die Basler Madrigalisten unter der Leitung von Raphael Immoos das zu Unrecht in Vergessenheit geratene Vokalwerk des Schweizer Romantikers Joachim Raff, der im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zu einem der meistgespielten Komponisten im deutschsprachigen Raum gehörte und heuer seinen 200. Geburtstag gefeiert hätte.

Raff hinterliess ein umfangreiches Œuvre, das fast die gesamte Bandbreite der damals üblichen musikalischen Gattungen abdeckt. Aufgewachsen in Lachen im Kanton Schwyz nahm Raffs Leben im Sommer 1845 eine jähe Wende, als ihn der Klaviervirtuose Franz Liszt nach einem Treffen in Basel als Assistenten engagierte und mit nach Deutschland nahm. Auf Mendelssohns und Liszts Empfehlung erschienen seine Kompositionen alsbald bei renommierten Musikverlagen.

Ab 1878 war Joachim Raff Direktor des Hoch’schen Konservatoriums in Frankfurt am Main. Im Musikleben seiner Zeit bestens verknüpft beeinflusste er Komponisten wie Mahler, Tschaikowsky oder Strauss.

Seine Werke a cappella für gemischten Chor sind zahlenmässig überschaubar und füllen ungefähr eine Stunde Musik – ideal für ein Konzert. Dabei handelt es sich um echte Entdeckungen, die bisher trotz ihrer kunstvollen Vielstimmigkeit bis zu acht Stimmen und Doppelchor kaum beachtet wurden. Dazu gehören die beiden grossen Motetten «Ave Maria» und ein «Pater noster», dessen Experimentierlust und harmonische Kühnheit aufhorchen lässt.

Radiobeitrag: Die Basler Madrigalisten mit Joachim Raffs A-cappella-Werk

21.2.2022, SWR2 Treffpunkt Klassik

«Lux æterna». Ein Salzburger Requiem

Im 4. Domkonzert erkang ausschliesslich Musik des italienischen Meisters Stefano Bernardi (ca. 1577–1637). Bernardi, ein Zeitgenosse von Claudio Monteverdi und Hans Leo Hassler, komponierte in der faszinierenden Übergangszeit zwischen Renaissance und Frühbarock und wechselt in seinen Kompositionen mitunter fliessend zwischen den beiden Stilen.

Er erhielt seine musikalische Ausbildung in Verona, wo er ab 1611 als Domkapellmeister wirkte. 1627 wurde Bernardi nach Salzburg berufen, um an den Vorbereitungen für die Weihe des neuen Doms mitzuwirken. In der sogenannten Wachskammer des Salzburger Doms wird neben anderen Werken das Manuskript einer «Missa pro defunctis sex vocum» aufbewahrt, in welcher Bernardi, dank eines geschickten Wechsels zwischen strengem Kontrapunkt und modernem madrigaleskem Stil zu einer äusserst prägnanten und expressiven Vertonung der Totenmesse gelangt ist.

Das Vokalensemble Voces Suaves und die kammermusikalische Frühbarock-Formation Concerto Scirocco brachten mit Werken von Bernardi eine imaginäre musikalische Trauerfeierlichkeit für einen adeligen Salzburger zu Gehör. Neben dem Requiem erklangen weitere vier- bis achtstimmige Vokalwerke Bernardis, aber auch Instrumentalstücke aus den «Concerti academici» (1615) und den «Canzoni a tre» (1627). Das Totenoffizium schloss der historischen Praxis entsprechend mit dem «Libera me Domine de morte aeterna» welches eine suggestive Beschreibung des Jüngsten Gerichts beinhaltet.

Concerto Scirocco