Ende Mai erfüllten noch nie gehörte Klänge den Dom zu Arlesheim. Mit Carl Rüttis Vesper «Mysterium Montis» kam erstmals in der Geschichte der Domkonzerte ein abendfüllendes Werk zur Uraufführung. Rüttis Komposition spürt mit einer modernen, aber auch dem ungeübten Hörer zugänglichen Tonsprache dem «Geheimnis des Berges» nach, das in den vertonten, vom Komponisten ausgewählten Texten zum Ausdruck kommt.
Sei es in Psalm 121 («Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen»), bei dem das Alphorn-Ensemble vom «Berg» (der Empore des Doms) herab zu hören war, der Gottesbegegnung des Elias am Horeb, wo Fortissimo-Cluster der Alphörner das Erdbeben fühlbar werden liessen, oder der Verklärungsgeschichte des Lukasevangeliums, die dank schillernder Dissonanzen in ein geheimnisvolles Licht getaucht war: Subtil und in meditativer Eindringlichkeit nutzte die Musik die klanglichen Möglichkeiten des Ensembles aus sechs Alphörnern, dem 40-köpfigen Chor und vier Weltklasse-Solisten, um über das «Mysterium Montis» dem noch grösseren Geheimnis der Gottesgegenwart auf die Spur zu kommen.
Der gesamte Raum des Domes wurde in die Aufführung miteinbezogen: Mehrmals zogen die Alphornisten mit ihren knapp vier Meter langen Instrumenten durch die Kirche, der Tenorsolist des Chores sang von der Kanzel herab und beim doppelchörigen «Kyrie eleison» des Responsoriums «umrahmte» der Chor die Zuhörerschar in den Kirchenbänken. Aber auch klanglich überraschte die Aufführung immer wieder, nicht zuletzt im unerwartet «jazzigen» Magnificat (unvergleichlich die «blue notes» des Solo-Alphorns von Matthias Kofmehl), das vom Solistenoktett virtuos vorgetragen wurde.
Das Publikum dankte mit lang anhaltendem Applaus den 40 Sängerinnen und Sängern des Oberwalliser Vokalensembles, den Solisten Sophie Klussmann, Christina Daletska, Christian Zenker und Markus Volpert, dem Alphorn-Sextett mit Martin Ackermann, Mark Gebhart, Alois Hugener, Matthias Kofmehl, Tina Wilhelm und Monika Zuber, und nicht zuletzt dem souveränen Leiter der Aufführung, Hansruedi Kämpfen. Ein Sonderapplaus gebührte selbstverständlich dem Schöpfer des Werks und, mit Christoph im Obersteg, dem Initiator dieser beeindruckenden Komposition.